Zwischenstand nach 2 Prozesstagen im 1. Basteiplatz-Prozess

Die ersten zwei Prozesstage am 28.05. und 07.06. sind nun vorbei. Im ersten Basteiplatzprozess stehen drei von 12 Angeklagten vor Gericht. Zwei der Personen verteidigen sich selbst, eine Person hat einen Anwalt. Der bisherige Prozess ist aus unseren Augen, also der Antirepressionsgruppe Wir Besetzen Dresden – (Antirep-WBD), sehr unfair verlaufen. Deswegen rufen wir dazu auf, den Prozess weiterhin kritisch zu begleiten. Besetzungen sind legitim und notwendig! Am schönsten wäre es, wenn dies zumindest teilweise vom Richter anerkannt werden würde, wie bei einzelnen Putzi-Prozessen geschehen. Mindestens fordern wir, dass wenn es auf Basis des geltenden Rechts und der damit einhergehenden Illegalisierung von Besetzungen zu einem Gerichtsprozess kommt, dieser auch dementsprechend fair abläuft!

Der nächste Prozesstag ist am 14.06., Beginn 09.00 Uhr. Es wird diesmal keine Kundgebung vor dem Gericht geben. Eine kritische Begleitung im Gericht ist aber ausdrücklich erwünscht. Die letzen beiden Tage gingen bis 18.00 bzw. 16.00 Uhr, auch diesen Montag kann es länger dauern. Kommt also gerne im Laufe des Tages vorbei um die Angeklagten zu unterstützen und euch die Verhandlung anzuschauen!

Infos für alle die am 14.06. den Prozess begleiten wollen:
Wir freuen uns über alle Menschen die Lust haben den Prozess im Gericht zu begleiten. Die Zuschauer:innen können als kritische Öffentlichkeit fungieren und gleichzeitig ist es für die Angeklagten schön, nicht alleine in dem Prozesssaal zu sitzen.
Darüber hinaus, kann es auch interessant sein, sich den Ablauf eines Prozesses anzuschauen, welcher mit starren Regeln, festen Rollen und den schwarzen Jurist:innen-Umhängen manchmal wie ein (oft doch zu kafkaeskes) Theatersstück daherkommt. Falls ihr vorbeikommen wollt, lest euch gerne die weiteren Hinweise durch. Außerdem werden wir wieder auf Twitter unter den #wirbesetzendd und #dd1406 berichten.

Bisher mussten alle Besucher:innen vor dem Prozessraum ihren Ausweis kopieren lassen und durch einen Metalldetektor gehen bzw. wurden durchsucht. Mit einer neuen Anordnung durch den Richter scheint dies nicht mehr notwendig zu sein, wir können dies aber nicht mit Sicherheit ausschließen. Bringt also ein gültiges Ausweisdokument mit!

Weiterhin gilt, das gefährliche Gegenstände, Handys und Aufnahmegeräte im Verhandlunsgssal verboten sind. Bisher standen Justizbeamt:innen vor dem Saal, bei denen die Gegenstände abgegeben werden mussten. Vermutlich fällt dies ohne die zusätzliche Kontrolle ebenfalls weg. Auch das können wir aber nicht mit Sicherheit sagen. Alle, die das Gerichtsgebäude betreten wollen, müssen am Eingang durch ein Metalldetektor laufen und werden ggf. durchsucht.

Wegen der Coronaschutzverodnung muss im ganzen Gebäude eine FFP2-Maske oder eine medizinischer Mund-Nasen-Schutz (sog. OP-Maske) getragen werden. Außerdem mussten bisher die persönlichen Daten und Dauer des Berufs am Eingang des Gerichtsgebäudes hinterlassen werden.

Bei vereinzelten Zwischenrufen wurde an den letzen Prozesstage noch niemand des Saales verwiesen. Theoretisch kann dies aber bei wiederholten Zwischenrufen geschehen oder wenn Besucher:innen in „grob unangemesserner Weise“ die Würde des Gerichts verletzen ein Ordnungsgeld bekommen. Die einzigen Zurechtweisungen, durch Justizbeamt:innen die mit im Saal saßen, gab es bisher nur gegen Menschen die ihre Kopfbedeckungen aufbehalten haben.

Infos zum bisherigen Verlauf:
Der vorsitzende Richter Schamber muss eigentlich nach dem Fai-Trial-Prinzip allen Beteiligten mit Unparteilichkeit begegnen. Gegenüber den Angeklagten insbesondere den selbstverteidigenden Personen ist er aber stark voreingenommen, was sich in Kommentaren und der Prozessführung zeigt. So bringt er gegenüber den selbstverteidigenden Personen häufig abwertende Kommentare und drohte der einen Person sogar schon mit einem Ordnungsgeld und Ordnungshaft, als diese berechtigterweise etwas sagen wollte. Anträge der verteidigenden Personen wurden bisher immer durch den Richter zurückgestellt. So musste unter anderem der Antrag, das ein schwangerer Mann nicht eine Woche vor der Entbindung als Angeklagter am Prozess teilnehmen muss, 1,5h durch seinen Anwalt erstritten werden.

Bisher wurden als Zeug:innen die Architektin der Castello AG, der Gutachter des Sachschadens sowie mehrere Polist:innen vernommen. Gerade die Cops konnten sich nach 1,5 Jahren meistens nicht mehr an den Tag erinnern und hatten sogar teilweise zur Vorbereitung einfach fremde Sachstandsberichte gelesen. Viel der Gerichtszeit ging auch dafür drauf Fotos und Videos als Beweismittel anzuschauen.
Einen Zwischenfall gab es am ersten Prozesstag, als der einen selbstverteidigenden Person vorgeworfen wurde aus der Akte zitiert zu haben, die sie nocht nicht hätte einsehen dürfen. Daraufhin beschloss der Staatsanwalt Thürmer ein Verfahren, vermutlich wegen „Parteiverrat“, zu eröffnen und beauftragte den Polizisten, welcher als nächster Zeuge geladen war, mit der Durchsuchung der selbstverteidigenden Person. Die beschlagnahmten Dokumente erhielt Staatsanwalt Thürmer persönlich und blätterte diese auch noch im Gericht durch.
Zum Ende des zweiten Prozesstages stellten die selbstverteidigenden Personen sowie der verteidigenden Anwalt Befangenheitsanträge gegen Richter Schamber und Ablöseanträge gegen Staatsanwalt Thürmer.
Dieser Ablauf des Prozess war geprägt von häufigen Pausen, in denen der Richter wutenbrannt den Saal verließ und deutlich zu spät wieder zurückkam. In den ab und zu vorkommenden Wortgefechte war vor allem  „Das ist alles Quatsch“ und „Alles rechtsfremd/rechtsfern“ durch den Staatsanwalt zu vernehmen, meistens folgte darauf wieder eine Pause.

Interssant ist außerdem, dass die Castello AG an beiden Prozesstagen durch ihren Anwalt sowie den Vorsitzenden Roman Lerch vor Gericht vertreten war, obwohl dies in ihrer Position als Adhäsionsklägerin für die Prozessführung nicht nötig ist. Die Castello AG hatte neben den Strafantrag durch die Staatanwaltschaft eine Adhäsionsklage eingereicht in der auch der Vorwurf der Sachbeschädigung in Höhe von ca. 21.000€ enthalten ist. Und dies obwohl in den Gesprächen während der Besetzung durch Roman Lerch eine Verhandlung zur Zwischennnutzung sowie keine Strafverfolgung versprochen wurde.
Uns verwundert das große Interesse der Castello AG vermeintlich Schuldige für die Hausbesetzung des Basteiplatz 3 zu finden. Das Ziel von WBD war nie die Castello AG persönlich anzugreifen, sondern das immernoch leerstehende Gebäude einer sinnvollen, nachbarschaftlichen Verwendung zuzuführen. Die Kritik, das die aktuelle Wohn- und Stadtpoltik ungerecht sei und zu Verdängung von Menschen an den Stadtrand sowie dem Übegehen von vielen Bedürfnissen führt, ist in erster Linie eine Analyse der profitorientieren Wirtschaftsweise und ihrer Auswirkungen auf die Städter:innen. Die Immobilienunternehmen wie die Castello AG sind einfach Akteure innerhalb deieser kapitalistischen Logik. Die konkrete Kritik richtet sich vor allem an die Politik, die anders gestaltet werden könnte.

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