Die politische Kriminalisierung von Hausbesetzungen

Seit es Hausbesetzungen gibt, wurden diese kriminalisiert. Der viel zitierte Enteignung von Eigentum zum Wohle der Allgemeinheit aus dem deutschen Grundgesetz (§14 Abs. 3) findet zwar oft genug seine Anwendung, wenn Wälder Autobahnen weichen müssen oder ganze Dörfer wegen des Braunkohleabbaus verschwinden. Leerstehende Häuser scheinen davon jedoch ausgenommen zu sein. Es entsteht der Eindruck, dass mit dem „Wohle der Allgemeinheit“ vor allem das „Wohl der deutschen Wirtschaft“ gemeint ist. Und dieser Eindruck täuscht nicht. Hausbesetzungen stellen das Bedürfnis der Menschen vor die Profitinteressen von Immobilienbesitzer*innen. Das Eigentumsrecht ist eine der fundamentalsten Säulen unseres Wirtschaftssystems und der Staat (mit seinem Polizeiapparat und seinem Justitzsystem) dient als Verteidiger dieses Systems. 
Die Räumung des „Blocks“ 1972 in Frankfurt am Main endete in monatelangen Haftstrafen. Die Räumungen verlief so brutal, dass sich im Nachhinein ein Antifoltertribunal aus verschiedenen zivilgesellschaftlichen Initiativen gründete, um die Vorkomnisse rund um den Polizeieinsatz aufzuklären. Die Besetzung der Ekhofstraße 39 in Hamburg im Jahr 1973 endete mit Haftstrafen von bis zu 15 Monaten, die zum Teil in Isolationshaft abgesessen werden mussten. Grund dafür war die angebliche Nähe der Besetzer*innen zur RAF und zur „Bewegung 2. Juni“. Bei der Räumung dieses Hauses hatte das „Mobile Einsatzkommando“ der Polizei scharf geschossen. 1981 wurden drei Häuser in Kreuzberg durch 800 Polizist*innen geräumt. Mit dabei waren Spezialleinsatzkommandos (SEK), Wasserwerfer und Räumpanzer. Den Besetzenden wird darauf folgend nicht nur wegen Hausfriedensbruch sondern auch wegen der „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung“ der Prozess gemacht. Im selben Jahr wird Klaus-Jürgen Rattay im Rahmen des Protestes gegen eine Räumung von der Polizei auf die Straße gejagt, von einem Bus erfasst und er kommt dadurch zu Tode.  
Diese Liste ließe sich endlos fortführen und soll nur ein kurzer Einblick sein. Allen Beispielen ist gemein, dass mit brutalen Polizeieinsätzen und anschließend mit absurden Prozessen gegen Hausbesetzungen vorgegangen wurde. Menschen, die das opferlose Verbrechen begangen haben leeren Raum wiederzubeleben, werden mit unverhältnismäßigen Repressionen überzogen.
 
Diesen unverhältnismäßigen Repressionen durch die Polizei schließt in unserem Fall auch ein Gerichtsprozess voller Absurditäten und Widersprüchen an. Die Staatsanwaltschaft in Dresden scheint keinerlei Kompetenzen in Sachen Verhältnismäßigkeit und Sachverstand zu haben. Nicht nur das nach den ersten Strafbefehlen die Hauptverhandlung innerhalb von 10 Tagen nach Widerspruch angesetzt wurde, während Nazis in Dresden erst nach Jahren der Prozess gemacht wird, sondern auch die Aufteilung in mehrere einzelne Prozesse verwundert, da ja der vorgeworfenen Straftatbestand ein gemeinsam begangener gewesen sein soll. Zudem gibt es auch noch eine Menge kritischer Prozesstaktiken, die wir hier vor den Verhandlungen nicht näher erläutern können und wollen. 
All diese Umstände der letzten Wochen lassen uns zu dem Schluss kommen, dass dieser Prozess so weit wie möglich gestückelt, in Einzelverfahren und sehr schnell stattfinden soll. Und das alles in, durch das Coronavirus versammlungstechnisch schwierigen Zeiten. So kann nur wenig kritische Öffentlichkeit entstehen, welche den Prozess skandalisiert und gleichzeitig solidarisch mit den Angeklagten ist. 
 
Stoppt die Kriminalisierung von Hausbesetzungen! Putzi sind wir alle!
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