Statement Drogenkonsum (v.a. Alkoholkonsum)
Die Party in „Party bis zum Nutzungskonzept“ wurde bisher sehr ernst genommen. Fast jeden Abend wurde auf dem Gelände gefeiert und es gab Musik. Dabei haben viele Menschen Alkohol getrunken oder andere Drogen genommen. Aus diesen Partys – die auch sehr schön und wichtig waren – und dem Verhalten vor allem (stark) betrunkener Menschen, haben sich leider Situationen und eine allgemeine Atmosphäre entwickelt, die zum einen für einige Menschen sehr unangenehm war/ist und zum anderen (auch dadurch) nicht zu unseren politischen Zielen und Strategien passt. Uns ist bewusst, dass wir diese Stimmung und diesen Konsum selbst mit hervorgebracht und unterstützt haben. Mit diesem Statement möchten wir Auseinandersetzungen und eine gemeinsame Reflexion anregen.
Auch wenn es sich manchmal vielleicht eher nach Party anfühlt und es sehr schön ist, dass Menschen sich beim Putzi entspannen können (so soll das ja auch sein) – wir befinden uns dort vor Ort eigentlich die ganze Zeit in einer politischen Aktion, die leider auch von Repression bedroht ist. Also z.B. dadurch, dass die Polizei Kontrollen durchführen und Menschen verletzen oder festnehmen könnte. Dieser Drohung allein müssen wir uns natürlich nicht unterwerfen sondern können uns dieser Einschüchterung gemeinsam widersetzen. Das geht allerdings viel besser, wenn Menschen nicht betrunken sind. Alkoholkonsum gefährdet sowohl die Person, die konsumiert, als auch alle anderen. Die Rote Hilfe schreibt in der (sehr empfehlenswerten) Brochüre „Was tun wenn’s brennt?“ zu Drogen- und Alkoholkonsum auf Demos oder bei anderen Aktionsformen:
„Drogen jeglicher Art, auch Alkohol, sollten weder vorher konsumiert noch auf die Demo mitgenommen werden. Schließlich musst du einen klaren Kopf bewahren und jederzeit in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen.“
Klar, auch Party kann politisch sein und sowieso – wenn wir nicht tanzen können, ist das auch nicht unsere Revolution. Trotzdem fänden wir es schön, wenn die Gründe, aus denen wir dort sind – Eigentum in Frage stellen, Enteignung und Umverteilung fordern und umsetzen, Leerstand beenden, Freiräume schaffen, solidarisch miteinander leben – wieder mehr in den Fordergrund rücken würden. Dafür wollen wir vor allem in unseren Tweets, Texten, Interviews, Redebeiträgen, Bannern und allgemein in der Außenwirkung und Planung mehr darauf zu achten, welchen Fokus wir setzen und ob nicht irgendwann auch ausreichend über Party getweetet wurde und ob es am wichtigsten ist, dass das Abendprogramm zum Tanzen steht.
Eine Möglichkeit auf dem Gelände wäre z.B. Workshops anzubieten und Fähigkeiten weiterzugeben und miteinander zu teilen. Natürlich ist an den letzten Tagen auch schon ganz viel anderes passiert und Alkohol trinken und feiern ist ja nur ein kleiner Bestandteil von dem, was auf dem Gelände und drumherum an den letzten Tagen gemacht wurde.
Neben den genannten Gründen in Bezug auf politische Aktionen gibt es weitere Gründe, aus denen Alokoholtrinken – und dann möglicherweise auch betrunken sein – ein Problem sein kann. Alkohol wirkt enthemmend, Menschen machen dann oft Dinge, die sie eigentlich gar nicht tun würden und vielleicht auch nicht gut finden. Die Grenzen anderer Menschen zu erkennen und zu wahren wird oft schwieriger. Das führt dazu, dass sehr unangenehme bis übergriffige Situationen entstehen können. Es gibt Menschen, die sich in der Nähe von anderen Menschen, die Alkohol trinken, nicht wohl fühlen. Und Orte, an denen das viel passiert, meiden. Alkohol- und Drogenkonsum kann außerdem belastend auch für Menschen sein, die abhängig von Alkohol- oder anderen Drogen waren. Durch diese Erfahrung kann es schwierig sein, sich an Orten aufzuhalten, die sehr stark durch diesen Konsum geprägt sind.
Teil politischer Aktionen ist auch, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Das Putzi sollte ein Ort für alle sein, an dem Auseinandersetzungen (wie diese) stattfinden können und der nicht durch Party und Alkohol grenzüberschreitende Situationen erzeugt und Menschen ausschließt. Wir sprechen uns gegen einen Ausschluss von Alkohol und anderen Drogen und damit von Menschen, die diese – aus welchen Gründen auch immer – verwenden, aus. Denn am Ende brauchen halt nicht vor allem unsere Träume Räume…
Um auf dem Gelände mit der Situation umzugehen, dass manche Menschen Alkohol trinken und andere sich damit nicht wohlfühlen bzw. Abstand davon wollen/brauchen, haben wir folgende Vorschläge:
– Umstrukturierung des Geländes (Bereiche für Alkohol- und Drogenkonsum und Bereiche ohne – sogenannte No Drug Spaces, mehrere Feuerplätze, Einrichtung eines Rückzugsraums)
– bitte seid rücksichtsvoll miteinander, übernehmt Verantwortung für euch selbst und andere, sprecht euch nach möglicherweise unangenehmen Situationen an
– allgemeine Auseinandersetzung mit Alkoholkonsum und mit (auch davon unabhängigem) grenzüberschreitendem Verhalten
Wir hoffen, dass durch die verschiedenen Vorschläge und die Auseinandersetzung mit dem Thema aus dem Putzi ein noch angenehmerer und zugänglicherer Ort – an dem wir verschiedenen Bedürfnissen mit Rücksicht begegnen können.