Die politische Kriminalisierung von Hausbesetzungen

Seit es Hausbesetzungen gibt, wurden diese kriminalisiert. Der viel zitierte Enteignung von Eigentum zum Wohle der Allgemeinheit aus dem deutschen Grundgesetz (§14 Abs. 3) findet zwar oft genug seine Anwendung, wenn Wälder Autobahnen weichen müssen oder ganze Dörfer wegen des Braunkohleabbaus verschwinden. Leerstehende Häuser scheinen davon jedoch ausgenommen zu sein. Es entsteht der Eindruck, dass mit dem „Wohle der Allgemeinheit“ vor allem das „Wohl der deutschen Wirtschaft“ gemeint ist. Und dieser Eindruck täuscht nicht. Hausbesetzungen stellen das Bedürfnis der Menschen vor die Profitinteressen von Immobilienbesitzer*innen. Das Eigentumsrecht ist eine der fundamentalsten Säulen unseres Wirtschaftssystems und der Staat (mit seinem Polizeiapparat und seinem Justitzsystem) dient als Verteidiger dieses Systems. 
Die Räumung des „Blocks“ 1972 in Frankfurt am Main endete in monatelangen Haftstrafen. Die Räumungen verlief so brutal, dass sich im Nachhinein ein Antifoltertribunal aus verschiedenen zivilgesellschaftlichen Initiativen gründete, um die Vorkomnisse rund um den Polizeieinsatz aufzuklären. Die Besetzung der Ekhofstraße 39 in Hamburg im Jahr 1973 endete mit Haftstrafen von bis zu 15 Monaten, die zum Teil in Isolationshaft abgesessen werden mussten. Grund dafür war die angebliche Nähe der Besetzer*innen zur RAF und zur „Bewegung 2. Juni“. Bei der Räumung dieses Hauses hatte das „Mobile Einsatzkommando“ der Polizei scharf geschossen. 1981 wurden drei Häuser in Kreuzberg durch 800 Polizist*innen geräumt. Mit dabei waren Spezialleinsatzkommandos (SEK), Wasserwerfer und Räumpanzer. Den Besetzenden wird darauf folgend nicht nur wegen Hausfriedensbruch sondern auch wegen der „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung“ der Prozess gemacht. Im selben Jahr wird Klaus-Jürgen Rattay im Rahmen des Protestes gegen eine Räumung von der Polizei auf die Straße gejagt, von einem Bus erfasst und er kommt dadurch zu Tode.  
Diese Liste ließe sich endlos fortführen und soll nur ein kurzer Einblick sein. Allen Beispielen ist gemein, dass mit brutalen Polizeieinsätzen und anschließend mit absurden Prozessen gegen Hausbesetzungen vorgegangen wurde. Menschen, die das opferlose Verbrechen begangen haben leeren Raum wiederzubeleben, werden mit unverhältnismäßigen Repressionen überzogen.
 
Diesen unverhältnismäßigen Repressionen durch die Polizei schließt in unserem Fall auch ein Gerichtsprozess voller Absurditäten und Widersprüchen an. Die Staatsanwaltschaft in Dresden scheint keinerlei Kompetenzen in Sachen Verhältnismäßigkeit und Sachverstand zu haben. Nicht nur das nach den ersten Strafbefehlen die Hauptverhandlung innerhalb von 10 Tagen nach Widerspruch angesetzt wurde, während Nazis in Dresden erst nach Jahren der Prozess gemacht wird, sondern auch die Aufteilung in mehrere einzelne Prozesse verwundert, da ja der vorgeworfenen Straftatbestand ein gemeinsam begangener gewesen sein soll. Zudem gibt es auch noch eine Menge kritischer Prozesstaktiken, die wir hier vor den Verhandlungen nicht näher erläutern können und wollen. 
All diese Umstände der letzten Wochen lassen uns zu dem Schluss kommen, dass dieser Prozess so weit wie möglich gestückelt, in Einzelverfahren und sehr schnell stattfinden soll. Und das alles in, durch das Coronavirus versammlungstechnisch schwierigen Zeiten. So kann nur wenig kritische Öffentlichkeit entstehen, welche den Prozess skandalisiert und gleichzeitig solidarisch mit den Angeklagten ist. 
 
Stoppt die Kriminalisierung von Hausbesetzungen! Putzi sind wir alle!
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Warum es legitim und notwendig ist, Häuser zu besetzen

 
Die Wohnungs- und Stadtpolitik ist heute fast ausschließlich profitorientiert. Wichtig ist in erster Linie, dass die „Attraktivität“ der Stadt steigt, sie in Rankings möglichst hoch positioniert ist und auch genug Platz und Attraktionen für zahlungskräftige Tourist*innen angeboten werden können. Die „neoliberale“ Stadt verlangt nach der systematischen Aufwertung von Vierteln im Innenstadtbereich. Diese Aufwertung wird als Segen für die Einwohner*innen verkauft, ist ein solcher aber ausschließlich für ein wohlhabendes, bürgerliches Klientel. Diesen Prozess betrachten wir als die Gentrifizierung der Stadt. Diese ist heute, wo Stadtentwicklung, in Form von Immobilienverwertung, zu einer der wichtigsten Investitionsmöglichkeiten wurde, zur Regel geworden.(1) Ein prägnantes Beispiel stellt die „neue Altadt“ in Frankfurt am Main dar, in welcher staatlich subventionierte Luxuswohnungen gebaut wurden und ganz nebenbei auch noch ein geschichtsrevisionisitisches Projekt verwirklicht werden konnte.(2) 
 
Diese Entwicklung hat zur Folge, dass so genannte „Bettler*innen“ vermehrt von polizeilichen Repressionen betroffen, Clubs im Innenstadtbereich kaum noch überlebensfähig sind oder soziale Einrichtungen an die Ränder der Städte gedrängt werden. Abgesehen von den genannten sind noch viele weitere Menschen, Kollektive und Institutionen vom Phänomen der Gentrifizierung betroffen, wobei sich ständig neue Exklusionsmechanismen etablieren.(3)
 
Bereits durch eine bestimmte Architektur – in Dresden zum Beispiel die „wunderbare“ barocke Altstadt – werden viele Menschen symbolisch und praktisch aus den Innenstädten verbannt. Schon ursprünglich zeichneten sich prunkvolle Bauten wie Frauenkirche oder Semperoper dadurch aus, dass sie vor allem Herrschaftsansprüche repräsentieren sollten. Heute wiederum dienen sie einerseits als Tourismusmagneten, Orte des kostspieligen Konsums, und auf der anderen Seite als Identifikationsangebot für lokalpatriotische, geschichtsrevisionistische Einzelpersonen und Gruppen wie „StadtbilDD“, welche sich explizit dafür einsetzen die Stadt so zu rekonstruieren, wie sie vor dem zweiten Weltkrieg aussah(4) und damit die Spuren der deutschen Barbarei aus der Stadt drängen wollen. Ausgeschlossen werden hierbei migrantische Menschen, Personen in Wohnungsnot und viele andere, die am Stadtleben ebenso partizipieren wollen, aber durch eine alte deutsche Innenstadt und ihre ehrenhaften Denkmäler nicht repräsentiert werden und dadurch ebenso wenig Räume finden, in denen sie sich frei entfalten können. 
 
Während neue Orte für alle, die es sich leisten und sich damit identifizieren können, geschaffen werden, warten viele Menschen vergebens darauf, in der Stadtplanung berücksichtigt zu werden. Ihnen werden Räume genommen und gleichzeitig dem Verfall preisgegeben. Häuser stehen Jahre lang leer und werden zudem noch zugemauert und abgeriegelt, damit es auch ja niemand wagt in sie einzudringen. Nicht selten liegt das daran, dass sich kein*e neue*r Investor*in findet oder auf Baugenehmigungen gewartet werden muss. Für den erzwungenen Leerstand, trotz offensichtlich stabiler Bausubstanz und einer wunderbaren Lage direkt in der Innenstadt, gibt es in Dresden ein trauriges Beispiel. Das Hochhaus am Pirnaischen Platz steht mittlerweile seit Jahren leer und wurde zwischenzeitlich nicht renoviert. Stattdessen wurde der Eingang zugemauert. Die letzten Mieter*innen, die unter anderem durch ausgestellte Heizungen herausgeekelt werden sollten, verblieben bis 2018 in dieser Ikone der Ostmoderne.(5)
 
Leider sind viele Städte schon seit ihrer Entstehung, im Zuge der „Industrialisierung“, geprägt vom Ausschluss vieler Menschen. Das ist die schlechte Seite der mit dem Stadtleben etablierten neuen Freiheit. Die Vereinzelung, die Armut und das Ausgeschlossensein vom öffentlichen Leben wollen wir aber nicht noch länger hinnehmen, irgendwann ist auch das mehr als genug! Stattdessen sollte jeder Mensch die Möglichkeit haben, sich als Teil der Stadt zu verstehen und in ihr ohne Probleme leben können. 
 
Im Zuge der aktuellen Pandemie werden viele der genannten Probleme noch verstärkt, anderen wird zumindest mehr Aufmerksamkeit zu teil. Vermehrt haben Menschen Probleme ihre Miete zu zahlen, weil ihre oft schlecht entlohnten Jobs wegfallen, oder sie als Selbstständige keine Aufträge annehmen können. Um dieses Problem zu lösen gibt es nun die Möglichkeit, die Miete einfach nach der Krise zu zahlen, wo dann aber das Geld dafür herkommen soll, wissen die Regierenden wahrscheinlich auch nicht. (keine Zeit um Quelle zu suchen) Und so bleiben die Mieter*innen wohl auf den Schulden sitzen oder werden eben nach der Krise rausgeworfen. Das ist wirklich unglaublich. Wie ein Brennglas zeigt die aktuelle Krise, dass das Bedürfnis nach einem privaten Rückzugsraum allen Menschen zugestanden werden sollte. Ob Wohnungslosen, Geflüchteten, die teilweise zu tausenden in Lager eingesperrt sind oder Betroffenen von häuslicher Gewalt, allen sollte das Recht auf einen eigenen Raum ermöglicht werden. Gleichzeitig können viele Wohnungen, beispielsweise weil sonst als AirBnB genutzt, leerstehen und einstauben. Neben der Möglichkeit, diese Wohnungen in Gesellschaftseigentum zu überführen, könnte natürlich auch Leerstand wohnbar gemacht werden.
 
Nicht wirklich neu, dafür aber immer noch nicht umgesetzt, ist der Gedanke, dass es Bedürfnisse innerhalb städtischer Lebensweisen gibt, die nach Orten des unkommerziellen Austauschs und Miteinanders streben.(6) Dass diese Bedürfnisse tatsächlich existieren und nicht befriedigt werden, zeigt nicht zuletzt der große Rückhalt, den Hausbesetzungen oft aus der Stadtgesellschaft und teilweise sogar aus bürgerlichen Medien erfahren. Denn Besetzungen von Häusern zielen in radikaler Weise auf die Verwirklichung dieser Bedürfnisse ab.
 
Es mangelt nicht nur in Dresden an Jugend- und Freiräumen, die selbstverwaltet sind und einen emanzipatorischen Anspruch vertreten. Dadurch wird es versäumt, Grundlagen einer freien Kultur für alle zu schaffen, einer Alternative der kapitalistischen Gesellschaft und des Ausschlusses. Diese Orte sind aber nach wie vor notwendig, um die Bedürfnisse der in Städten lebenden Menschen zu erfüllen. Dafür sind ebenso Wohnungen notwendig, in denen auch gewohnt werden kann, ohne jeden Monat darum bangen zu müssen, die Miete zahlen zu können. Es gibt eine Menge leerstehender Gebäude, die geeignet dafür sind, Wohn- und Kultureinrichtungen, die diesen Idealen entsprechen, aufzubauen. 
 
Besetzungen und andere politische Handlungen, welche diese Ideale verwirklichen sollen, sind nicht nur Kämpfe darum, wem die Stadt gehört. Ganz im Gegenteil: Sie wollen die Stadt in ihren Grundfesten verändern, sie sind „gesellschaftliche Utopie und kollektive Forderung zugleich.“(7) Eine Besetzung ist auf diesem Weg immer nur ein kleiner, aber in seiner Radikalität dafür ein umso wichtigerer Schritt. Denn diese Form der Aneignung von Leerstand, während gleichzeitig so viele freie Räume fehlen, kann kurzfristige Lösungen auf dem Weg zu einer Stadt, in der sich alle wohlfühlen, schaffen. Sie ist nicht nur auf die Beteiligung der Nachbar*innenschaft angewiesen, sondern schafft spontane Partizipationsmöglichkeiten, wie sie sonst leider selten zu finden sind. Auch bei der Besetzung von Putzi, einem Gelände, welches immerhin bis zu 30 Jahre lang leer stand, wurde das eindrucksvoll bewiesen.
 
Diese Besetzung und auch alle vergangenen und kommenden sind richtig und wichtig, um eine gleichberechtigte, emanzipatorische Stadt für alle Menschen zu schaffen. 
 
 
 
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 1  Andrej Holm: »Das Recht auf die Stadt«, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 56 (2011), S. 89-97. https://www.blaetter.de/ausgabe/2011/august/das-recht-auf-die-stadt
 3  Andrej Holm, Das Recht auf die Stadt.
4 StadtbilDD: Wer sind wir, https://stadtbildd.de/wer-sind-wir/ (08.05.2020).   
6 Henri Lefebvre: Das Recht auf Stadt, Hamburg: Edition Nautilus 2016, S. 149.
 7 Andrej Holm, Das Recht auf die Stadt.
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Ein tierisch heißer Prozess! – #SquatsNotCourts

Vom 17.01.2020 bis 22.01.2020 wurde in der Dresdner Neustadt ein Gelände mit drei Häusern besetzt. Ziel war unter anderem ein Wohnprojekt, ein kulturelles Zentrum und einen Ort der unkommerziellen Bildung zu schaffen. Nach der gewaltsamen Räumung durch die Cops wurde gegen alle Menschen, die sich in den Häusern und auf dem Gelände aufhielten, Anzeigen wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung gestellt. Nun kommt es, früher als erwartet, zu den ersten Prozessen. Bereits am 11 .05. stehen zwei Menschen vor Gericht, die an der, als “Putzi” bekannt gewordenen, Besetzung teilgenommen haben sollen [EDIT: Es konnte bereits erwirkt werden, dass beide Prozesse auf den 18.05. verschoben werden].

 

Häuser besetzen ist legitim und notwendig!

In den Städten mangelt es an bezahlbarem Raum. Auch in Dresden ist es schwierig, Wohnungen, Orte der Kreativität, des kulturellen Austausches oder der Bildung zu schaffen und zu erhalten. Vor allem selbstverwaltete, basisdemokratische und unkommerzielle Projekte haben kaum Platz. Wir leben in einer Stadt des Kapitals und der Gleichförmigkeit, in der nur wenige Lebensformen akzeptiert werden und stattfinden können. Diese Entwicklung schließt Menschen aus und verdrängt sie mit ihren Ideen aus der Stadt.  Die aktuelle Pandemie wirkt auf diese Entwicklung wie ein Brennglas, welches bestehende Probleme noch offensichtlicher macht.  Der Bedarf an Rückzugsräumen ist größer denn je. Gesellschaftlich ausgeschlossene und herabgesetzte Personen, Wohnungslose, die Menschen in den griechischen Lagern oder Betroffene häuslicher Gewalt könnten Räume haben. 

Trotz allem stehen überall Häuser leer und verfallen. Die Gründe dafür sind vielfältig, doch der Leerstand immer gleichermaßen sinnlos. So stand auch das besetzte Gelände auf der Königsbrücker Straße, zum Teil seit 30 Jahren leer. Wir fordern eine Stadt, die sich an den Bedürfnissen Aller orientiert und in der Platz für jeden Menschen ist. Putzi hätte ein solcher Ort werden können. Deshalb war die Besetzung richtig und wichtig.

 

Die politische Kriminalisierung von Hausbesetzungen

Hausbesetzungen haben eine lange Tradition in der Protestgeschichte verschiedenster Bewegungen. Eine ebenso lange Geschichte hat auch ihre Kriminalisierung. Schon immer waren sie verbunden mit Polizeigewalt, politischen Prozessen und absurden Verurteilungen. Absurderweise trifft die strafrechtliche Verfolgung dabei diejenigen, die gemeinsam versuchen, Leerstand wieder nutzbar zu machen und so vielen Problemen der Städte aktiv entgegenzuwirken. 

Wohl auch um dieses Missverhältnis zu verschleiern, wird nun versucht die Prozesse gegen die ehemaligen „Putzi“-Besetzenden möglichst schnell und geräuschlos über die Bühne zu bringen. Die ungewöhnlich kurze Zeit der Vorladungen, das Verhandeln innerhalb der aktuellen Krise und die Tatsache, dass alle Menschen in Einzelprozessen angeklagt werden, es also keine Gruppenprozesse gibt, sprechen dafür. Deshalb ist es wichtig, den Prozess in die Öffentlichkeit zu ziehen. Ebenso wichtig ist es, diesen Prozess als einen politischen zu begreifen, der einmal mehr zeigt, dass in dieser Gesellschaft das Eigentumsrecht mehr wert ist, als die Bedürfnisse der Menschen.  
Kein Squat ist illegal! Die Nutzung von Leerstand ist kein Verbrechen!

 

Lasst „Putzi“ endlich frei!

Fünf Tage hatten wir zusammen Zeit, das Gelände auf der Königsbrücker Straße 12 bis 16 zu beleben. Schnell zeigte sich, was mit vielen Menschen zusammen entstehen kann. Auch von der Nachbar*innenschaft gab es viel positives Feedback. Der Gesprächsverweigerung von Der ARGENTA Unternehmensgruppe mit den Besetzenden und die motivierte Durchsetzung der Eigentumsverhältnisse durch sächsische Polizei und SEK sorgten dafür,  dass das Gelände nun wieder leersteht, die Häuser verfallen und der Garten verrottet. Ebenso ist es ARGENTA zu verdanken, dass den Besetzenden nun Verurteilungen drohen, da Strafanzeige gestellt wurde. Es ist ein untragbarer Zustand, dass „Putzi“ wieder leer steht. Es liegt immernoch ein Nutzungskonzept vor und die Zeit der Besetzung hat gezeigt, wie schnell dort etwas großartiges enstehen kann. Wir fordern Putzi zurück!

 

Was jetzt getan werden kann: 

Kohle: Sollte es zu Verurteilungen kommen, kommen ziemlich hohe Kosten auf die Menschen zu. Die ersten Strafbefehle beliefen sich auf 2000€ pro Person. Bei über 10 Personen ist das eine ganze Menge Geld, die wir gemeinsam tragen wollen. Sammelt Kohle und spendet sie an:
Rote Hilfe Dresden
IBAN: DE72 3601 0043 0609 7604 34
BIC: PBNKDEFF
Kennwort: Tiere

Soliaktionen: Zeigt den Menschen, die bald auf der Anklagebank sitzen, dass sie nicht allein sind. Schickt Solifotos an Wir besetzen Dresden, sucht euch Büros oder Baustellen der Argenta Group (Eigentümerin des “Putzi”-Geländes) in eurer Stadt oder besetzt etwas. Werdet aktiv und kreativ, denn nur gemeinsam sind wir stark!

Öffentlichkeit: Verbreitet den Prozesstermin, die Aufruftexte, etc. über alle eure Kanäle. Kommt zum Prozess. Fragt befreundete und solidarische Journalist*innen, ob sie nicht darüber schreiben wollen. Wir stehen auch gern für Interviews bereit.

In diesem Sinne: Solidarität ist unsere stärkste Waffe.

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Aufruf:

Zu Zeiten der COVID-19-Pandemie kamen sie auf…die Gaben- bzw. Mitnehmzäune. Sie sind bereits in vielen Stadtteilen etabliert und wir finden die super. Menschen ohne Wohnung werden außerdem von verschiedenen Initiativen unterstützt. Diese haben wir mal angerufen und gefragt, was benötigt wird und wie man Helfen kann. Die Antwort: Spenden. Klar, hätten wir uns auch denken können…aber mal ernsthaft: es mangelt an dringend benötigten Utensilien, wie Desinfektionsmittel, Handschuhen, Masken, Schlafsäcken und Isomatten.
Wir waren bereits aktiv und haben Desinfektionsmittel, Handschuhe, Schlafsäcke und Isomatten an die Treberhilfe e.V. und die Heilsarmee übergeben. Wir sind auch weiterhin mit den Initiativen in Kontakt und wollen daher einen Spendenaufruf starten: Wir rufen Euch dazu auf, Montag bis Freitag von 10:00 Uhr bis 16:00 Uhr zum “Haus der Begegnung” (Großenhainer Str. 93, 01127 Dresden) zu kommen und weitere dringend benötigte Spenden zu übergeben. Der Eingang dazu befindet sich auf der Straßenseite (Großenhainer Straße) und ist mit einem Aufsteller markiert. Wir kümmern uns dann um die Fairteilung der Spenden.

Solidarische Grüße und ein großes Dankeschön im Vorraus,
Eure Tierchen von WirBesetzenDresden.

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Bundesweiter Aufruf zum 28. März #HousingActionDay2020

Am 28. März 2020 wären unter dem Motto „Wohnen für Menschen statt für Profite“ zehntausende Menschen in ganz Europa auf die Straßen gegangen, um gegen hohe Mieten, Zwangsräumungen und Wohnungslosigkeit und für eine solidarische und ökologische Stadtentwicklung zu demonstrieren. Vor dem Hintergrund der Corona-Krise hat das bundesweite Aktionsbündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn ebenso wie seine europäischen Bündnispartner*innen die geplanten Großdemonstrationen zum Housing Action Day verschoben.

Unsere Solidarität und unser Kampf für das Recht auf eine Stadt, in der alle gut und sicher wohnen können, sind jedoch wichtiger denn je.

Die Corona-Pandemie zeigt, wie wichtig Wohnraum auch als Schutzraum ist. Am schlechtesten vor einer Infizierung schützen können sich alle, die auf der Straße oder in beengten Gemeinschaftsunterkünften leben, mangelhafte Hygienebedingungen und fehlende medizinische Versorgung
oftmals inbegriffen.

Schon jetzt verlieren Menschen ihre Jobs, haben mit Kurzarbeit geringere Einkommen oder sind als kleine Selbstständige, freiberuflich Tätige, Kulturschaffende oder Kleingewerbetreibende in akuter Notlage. Damit
wird sich auch die Wohnungskrise verschärfen. Es drohen: Kündigungen und Zwangsräumungen, Strom- und Wassersperren, Schließung von Kultureinrichtungen und Kneipen oder Zwangsversteigerungen. Besonders in Krisenzeiten gilt für uns einmal mehr: Wohnraum ist keine Ware! Wohnen ist Menschenrecht!

Wir solidarisieren sich uns mit allen, die erkrankt sind oder zu
Risikogruppen gehören. Dies sind oft dieselben, die unter Armut, prekären Beschäftigungsverhältnissen oder Wohnungslosigkeit leiden. Wir solidarisieren uns auch mit allen Menschen, die ihre Einkommenquelle verloren haben und deren Existenz bedroht ist.

Um Wohnungsverluste zu verhindern, existenziellen Ruin abzuwehren und gesundheitlichen Schutz zu sichern, fordern wir als Sofortmaßnahmen:
Sofortiger Stopp von Räumungsklagen und Zwangsräumungen! Sofortiges Moratorium für Mieten- und für Hypothekenzahlungen! Erlass von Mietschulden! Keine Energie- und Wassersperren! Auflösung von Sammelunterkünften wie Lagern und die menschenwürdige Unterbringung! Beschlagnahmung von leerstehenden Wohnungen sowie Ferienwohnungen! Legalisierung von Besetzungen leerstehender Wohnungen und Häuser! Solidarfonds für Kleingewerbetreibende, Freiberufler_innen, Kultur-und soziale Einrichtungen!

Unseren Forderungen und dem Protest wollen wir weiterhin eine Stimme geben. Deshalb sagen wir den Housing Action Day nicht ab, sondern verlagern ihn zusammen mit unseren europäischen Bündnispartner*innen in die Wohnungen und Häuser und in die sozialen Medien. Für Samstag, den 28. März laden wir ein, uns dabei zu unterstützen:

Macht unsere Forderungen mit Transpararenten und Plakaten sichtbar. Nutzt gelbe Handschuhe als Zeichen. Macht unseren Protest in den Städten auch hörbar, indem ihr um 18 Uhr für 10 Minuten mit Töpfen und Deckeln scheppert oder anders Lärm oder Musik macht.

Seid kreativ und mobilisiert für diese Aktion eure Nachbar*innen!

Außerdem wollen wir am 28. März mit euch eine Online-Demo in den
sozialen Medien veranstalten: Produziert Bilder, Texte und Videos von
diesen Aktionen und postet sie unter den Hashtags #HousingActionDay2020 #togetheragainstcorona. Damit solidarisieren wir uns auch mit unseren Bündnispartner*innen europaweit und lassen alle wissen: Die Wohnungskrise verschärft sich gerade und wir lassen in unserem Protest nicht nach!

Auch mit einer Ausgangsperre können wir handeln und uns wehren! Unsere Housing Action Day Vernetzung kämpft weiter. Europaweit. Es gibt
Lösungen, um Menschen zu schützen und zu helfen. Wir müssen sie nur
durchsetzen. Kämpft mit uns und organisiert euch!

Wohnen für Menschen statt für Profite!

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5 Tage gelebte Utopie! Rückblick auf die „Putzi“-Besetzung

Am Freitag um 15:30 Uhr wurde Putzi besetzt. Das Gelände der Königsbrücker Staße 12 bis 16 grenzt an das Firmenareal der DENTAL-Kosmetik GmbH & Co. KG. Es umfasst drei Häuser und einen kleinen Garten. Erster Kontakt zur ARGENTA Internationale Anlagegesellschaft mbH, einer Immobilienfirma mit Sitz in München, welcher das Grundstück gehört, wurde aufgenommen. Ein Nutzungskonzept für das zukünftige Stadtteilzentrum wurde ebenfalls vorgelegt. Es wurden Banner angebracht und sich häuslich eingerichtet. Die Cops ließen sich an diesem Tag nur kurz blicken. Sie wirkten desinteressiert und überfordert. Zur Überraschung aller, geschah an diesem Abend nichts mehr außer einer erste kleinere Party. Sie sollte nicht die letzte Festivität dieser Tage sein, war das Motto doch: „Party bis zu Nutzungsvertrag“. Auch der Name für das neu geplante Stadtteilzentrum war schnell gefunden: Putzi solle es heißen, in Anlehnung an die bekannte Kinderzahnpasta, welche in unmittelbarer Nähe hergestellt wird.

Der Samstag startete mit einem Frühstück vor und im besetzeten Haus. Immer mehr Leute kamen vorbei und solidarisierten sich mit den „Tieren“ (so nannten sie die Besetzer*innen, welche Tierkostüme trugen selbst). Viele nützliche und notwendige Dinge, wie Essen, Werkzeug und H wurden per Flaschenzug ins Haus befördert. Freundlich winkend wurden Passant*innen begrüßt, nicht wenige grüßten zurück und bekundeten ihre Unterstüzung. Zu späteren Stunde folgte eine Konzert einer knapp 40 Menschen umfassenden Kapelle, bestehend aus den Brassbanditen aus Leipzig, sowie dem Ensemble Incroyable und Banda Communale aus Dresden. Dieses Konzert sollte es sogar in die lokale Springer Presse schaffen. Zitat BILD-Zeitung: „Sie tanzen zu Blasmusik […] entsprechen so gar nicht dem Bild der grimmigen Autonomen“. Im weiteren Verlauf dieses Abends kramten einige ihre Silvester-Reste zusammen und leuchteten „Putzi“ damit angemessen aus.Die Nacht blieb ruhig.

Am Sonntag gingen die ersten Menschen, nach dem gemeinsamen Frühstück, um 13:12 Uhr -höhö, 1312!- auf das Gelände und fingen mit den Gartenarbeiten an. Auch hier wiederholten sich Geschehnisse vom Tag davor. Viele Menschen allen Alters kamen und packten unter dem Motto „Putzi rausputzen“ fleißig mit an. Nach wenigen Stunden, war das Areal zumindest teilweise nutzbar. Mit vorbeilaufenden Passant*innen wurden interessante Gespräche geführt. Zum Beispiel mit einer ehemaligen Mitarbeiterin der Betriebskindertagesstädte, die sich zum damaligen Zeitpunkt in einem der Häuser befand. Man erntete Zuspruch und Bekräftigung. Vor allem die Erzählungen älterer Nachbar*innen füllten Putzi immer mehr mit Leben und Geschichte. Neben Gartenarbeiten wurden am Putzi immer wieder Möbel, Essen, Trinken und andere Sachen vorbei gebracht. Zum Abend konnte sich die getane Arbeit sehen lassen. Gemütlich auf dem Sofa wärmten sich die Leute am Feuer und ließen sich die Küfa vom DIY Eck-Laden schmecken. Mit einem etwas mulmigen Gefühl gingen Menschen schlafen, denn der Montag stand vor der Tür, das Münchener-Büro wird wieder besetzt sein. Es war klar, dass man sich darauf einrichten kann, dass die Argenta-Unternehmensgruppe bald reagiert.

Zum Wochenstart ging es weiter, wie das Wochenende endete. Menschen kamen und schauten sich Putzi an, brachten Sachen vorbei und trotzten der Kälte. Der Garten wurde ebenfalls weiter beackert. Auch wurde ein zweites Haus geöffnet, in welchem nun die Instandsetzung beginnen konnte. Es wurde von älteren Bewohner*innen der Neustadt versichert, dass das Gelände so gut aussah wie seit 20 Jahren nicht mehr. Man kam miteinander ins Gespräch und auf einmal schlichdie Erkenntnis ein: Mensch, wenn das hier alles so bleibt, dann haben wir alle die nächsten fünf Jahre nix anderes zu tun, als das Nutzungskonzept umzusetzen. Schnell einigte man sich darauf, dass es zwar viel zu tun gibt, es sich aber lohnen würde. Außerdem sei Lohnarbeit eh vollkommen überbewertet. Mitten in die Euphorie und das trügerisch sichere Gefühl, dass jetzt alles seinen selbstorganisierten, solidarischen Gang gehen würde bekam unsere Pressesprecher*in gegen 17:30 den Anruf eines Journalisten. Sie hätten eine Pressemitteilung von Argenta erhalten. In dieser Stand, dass Strafantrag wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung gestellt wurde. Man werde alle rechtlichen Schritte…blablabla. Reichlich überrascht und ziemlich angepisst wurde diese Nachricht aufgenommen, hatte man doch in den vergangenen Tagen immer wieder versucht, Kontakt mit den Eigentümer*innen aufzunehmen. Angeblich war nie jemand zugegen, der/die verantwortlich gewesen wäre. Es verwundert dann doch, dass eben jene nicht anwesenden Personen, nun Strafanzeige stellen konnten und lieber die Polizei von einer angeblichen Einsturzgefahr – übrigens der größte Bullshit überhaupt – der Gebäude informierte als die Menschen die sich im Haus befanden.
Einschüchtern ließ sich davon jedoch niemand. Stattdessen wurde mit weiteren Bannerdrops geantwortet. Den Tieren im Haus ging es weiterhin gut. Nicht zuletzt durch die Nahrungs- und Sachspenden, die einfach nicht abreißen wollten. Am Abend gab es wieder Küfa, diesmal von der L33. Musikalisch untermalt wurde der Abend von Der Unicornverschwörung und dem DJ*ane Kollektiv Le Jus.
Das Putzi bekam das erste Konzert seines noch jungen Lebens.

Nach einer weiteren ruhigen Nacht ging es am Dienstag frisch ans Werk. Tagsüber wurde gemeinsam geräumt, gebaut und am Feuer entspannt. An diesem Tag gab es auch den ersten, wenn auch noch relativ entspannten Bullenkontakt. Plötzlich standen auf einmal Sven Fischer (Revierleiter Dresden Nord), Andre Barth (Ortsamtsleiter Dresden Neustadt) und ein Mensch vom Ordnungsamt auf dem Gelände. Nachdem vor allem dem anwesenden Polizisten ziemlich schnell klar gemacht wurde, dass seine Anwesenheit unerwünscht war, wurde vor der Tür ein kurzes Gespräch geführt. Man solle doch das Gelände freiwillig verlassen, da man doch nun sein Zeichen doch gesetzt hätte. Die Polizei wolle deeskalativ agieren und nicht „mit Kanonen auf Spatzen“ (Zitat Polizeipressemitteilung) schießen. Dieses Gesprächsangebot wirkte von der ersten Minute an etwas scheinheilig und vorgeschoben, um sich von Seiten der Stadt ein kommunikatives Deckmäntelchen zu geben. Recht deutlich gaben die Besetzenden zu verstehen, dass man mit keiner Lösung einverstanden sei, die beinhaltet, dass man das Gelände verlassen muss. Der Tag neigte sich dem Ende zu.
Küfa kam an diesem Abend vom AZ Conni und aus dem Malobeo. Chillige Beats gab es von Elektro Patronum. Außerdem haben die lieben Tiere eine Überraschung für die Unterstützer*innen vorbereitet. Es wurde ein rießengroßes Transpi aus dem Haus gehängt. Anlass war die 100-stündige Besetzung. Ein paar Menschen hatten zu Tränen in den Augen. Spätestens jetzt war klar: Hier ist etwas Großes entstanden. Input gab es vom EA-Dresden, welcher im Hinblick auf eine eventuell anstehende Räumung, kurze Einblicke in Antirepressionsabläufe und Tipps, was bei Bullenkontakt zu tun ist, mit auf den Weg gab. Angeregt wurden weitere Gespräche bis in die Nacht hinein geführt, ohne zu wissen, wie bald das kürzlich erworbene Wissen nützlich sein würde.

Am Mittwoch morgen, kurz nach acht Uhr, rollte die Polizei mit mehr als zwei Hundertschaften an. Zunächst verschaften sich die Cops Zugang zum Gelände und schmissen die Menschen raus, die sich im Garten aufhielten. Nicht wenige von ihnen sind wohnungslos und wurden so von einem der wenigen warmen Orte, die für sie zugänglich sind verwiesen. Herzlichen Glückwunsch dazu. Es befanden sich jedoch noch mehrere Personen im mittleren Haus und zwei auf dem Dach des rechten Hauses, sowie eine Person in einem Baum. Das Putzi war weiterhin besetzt! Jetzt fanden sich auch immer mehr Unterstützer*innen ein. Sie verteilten sich auf die Katharinenstraße und die Königbrücker Straße, da sich dort die Zugänge zum Areal befinden. Mehrere Blockadeversuch fanden statt, mal mehr, mal weniger erfolgreich. Spätestens jetzt zeigte sich, was von der angeblich deeskalativen Polizeistategie zu halten war. Und zwar gar nix. Menschen wurden von den Cops geschubst, getreten und beleidigt. Doch auch hier lies man sich nicht einschüchtern und setzte sich immer wieder gegen die „Staatsmacht“ zur wehr. Es wurde deutlich, wie sehr Putzi vielen Menschen am Herzen liegt und das sie nicht bereit sind, es widerstandslos aufzugeben. All dies geschah trotz eines fehlenden Räumungstitels, der die Räumung überhaupt erst zwingend notwendig gemacht hätte. Die Polizei handelte auf Eigeninitiative. Nun war auch endlich ein Vertreter der „Argenta-Gruppe“ vor Ort, der auf einmal doch reden wollte. Die Tatsache, dass er das mit 200 Bullen im Schlepptau machte zeigte jedoch, dass er wenig Bock auf Verhandlungen und Kompromisse jeder Art hatte. Da es die Argenta trotz vielen Angeboten zur Kommunikation und Verhandlungsbereitschaft seitens der Besetzenden, nicht schaffte sich während der immerhin 5 Tage, mit anständig in Verbindung zu treten kann dieses „Gesprächsangebot“ nur als Farce begriffen werden.
Es waren nun also immer noch Menschen in einem Haus, auf einem Hausdach, bzw. in einem Baum. Da die Polizei diese Situation offensichtlich nicht händeln konnte, forderte sie nun Amtshilfe durch die Feuerwehr an. Diese sah jedoch keinen Grund zum Eingreifen, da eine Gefahr für Leib und Leben nicht bestand und rückte wieder ab. Freude brach vor und in den Häusern aus. Könnte es sein, dass Putzi wirklich „unräumbar“ ist, wie es die Besetzer*innen lange Zeit verkündeten? Kurz darauf trat die Ernüchterung ein und die erneute Erkentniss, dass man niemals unterschätzen darf was die Polizei bereit ist zu tun, um die kapitalistische Eigentumsordnung zu schützen. Das SEK wurde in den Einsatz miteinbezogen. Angeblich weil es keine andere Möglichkeit gab, da keine anderen Beamten eine Ausbildung zur Höhenrettung- und intervention haben. Voll vermummt, tarngrün gekleidet und mit Maschinengewehren im Anschlag stiegen sie aus ihren Autos. Viele Zuseher*innen hatten den Eindruck, in einen Kriegseinsatz geraten zu sein. Es bleibt Unverständnis darüber, dass man nicht mit „Kanonen auf Spatzen“ schießen will, aber zu einer friedlichen Besetzung das Spezialeinsatzkommando, das schärfste Schwert der sächsische Polizei, hinzuholt. Zuerst holten die Spezialkräfte die Menschen vom rechten Hausdach. Die ersten Tranparente wurden abgenommen, die Häuser wurden wieder grau und eintönig. Nun bearbeitete man das mittlere Haus. Dieses war jedoch nicht nur im Erdgeschoss zugemauert, die Besetzer*innen hatten auch innerhalb des Hauses mehrere offenbar unüberwindbare Barrikaden errichtet. Erst der Zugang über das Hausdach, der mit einer Beschädigung des bis dahin intakten Daches einherging ermöglichte es dem SEK die Menschen aus dem mittleren Haus zu entfernen. Offenbar genervt, dass man es nicht durch die Haustür geschafft hatte ließen die Beamt*innen ihren Frust nun an den Besetzenden aus und traten sie die Treppe hinunter. Zuletzt blieb der Mensch im Baum. Dieser hatte sichtlich Spaß daran, die C
ops noch etwas länger zu beschäftigen.
Gegen 16:30 war die Räumung vollzogen. Über acht Stunden hatten die Menschen, trotz klirrender Kälte, in und vor den Häusern ausgeharrt. Ein Kraftakt, der Bewunderung verdient. Die „Tiere“ (Besetzer*innen des mittleren Hauses) wurden in die Gefangenensammelstelle gebracht, da sie sich weigerten ihre Personalien anzugeben. Gegen Mittag des Folgetages sollten sie alle wieder frei sein.

Am Abend um 18 Uhr versammelten sich fest entschlossene, laute und aktionsbereite Menschen am Alaunplatz zur Tag X Demonstration. Mit vielen Gesängen, Sprüchen und Pyro zog die Demo durch die Neustadt. Die anwesenden Bullen hatten sichtlich Probleme mit der Sponti schritt zu halten. Hier wurde erneut sehr deutlich, dass nicht nur die Tiere eine Bindung zum Haus und Gelände aufgebaut hatten, sondern auch die zahlreichen Unterstützer*innen. Putzi war schon längst über „Wir besetzen Dresden“ hinausgewachsen. Auch jetzt ließ es die Polizei sich nicht nehmen, noch einmal zu stressen. So wurde ein*e junge*r Mitstreiter*innen trotz Kälte lange Zeit mit heruntergelassener Hose in einer Maßnahme belassen.

Unsere Gefühle zu diesen Tagen lassen sich am besten durch die emotionalen Worte eine*r Genoss*in zusammenfassen:
„Die Polizei und Argenta haben unseren Traum von Putzi als Stadtteilzentrum, wie eine Seifenblase im Wind, platzen lassen. Schnell treibt diese auf, präsentiert ihre schillernden Farben und ließ nicht nur Kinderaugen leuchten. Fadenscheinige Aussagen, man wollte mit uns in Verbindung bleiben und man stehe ja schon mit der Stadt in Kontakt, sind für uns nicht greifbar. Doch unsere Utopien, Ideen und Willen, für Freiräume zu kämpfen, könnt ihr uns nicht nehmen. Wir bleiben Stark und lassen uns nicht unterkriegen! Ihr könnt so oft räumen wie ihr wollt, wir hören niemals auf zu träumen!“

One Struggle, one Fight – Wir besetzen Dresden, Putzi bleibt!

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Pressemitteilung zur Räumung

UPDATE: Die letzten zwei Personen wurden am morgen des 23.01.20 aus dem Gewahrsam entlassen.

Am Morgen des 22.01.2020 wurde das seit dem 17.01.2020 besetzte Gelände der Königsbrücker Straße 12-16 geräumt.
 
Um 8 Uhr  des gestrigen Tages begann die Räumung des Stadtteilzentrums „Putzi“.  Mehrere Menschen hielten sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Gelände und in den Häusern auf. Eine Person entschied sich, einen der Bäume auf dem Gelände zu besetzen. Über 200 Beamt*innen waren an der Räumung beteiligt. Über 150 Menschen kamen zur Unterstützung des „Putzi“ und um Widerstand gegen die Räumung zu leisten. Die Polizei ging von Beginn an rabiat gegen die Demonstrierenden vor, schubste und schlug Menschen vor Ort. Da sich Personen auf dem Häuserdächern befanden und zum Teil druch die Eigentümer*innen das Erdgeschoss zugemaurt worden ist, forderte die Polizei die Feuerwehr zur Unterstützung an. Diese verweigerte jedoch die Hilfe, mit der Begründung, dass keine „Gefahr für Leib und Leben“ besteht. 
 
Trotz mehrmaliger Versuche, reagierte die Argenta Unternehmensgruppe (Eigentümerin des Geländes) nicht auf die Kontaktversuche der Besetzenden. Diese erfuhren aus der Presse, dass Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung gestellt wurde. 
Lann Schmidt, Sprecher*in der Gruppe „Wir besetzen Dresden“ dazu: “ Die Aussagen der Feuerwehr widerlegt erneut die Behauptung der Argenta Unternehmensgruppe, die Häuser wären einsturzgefährdert. Wir bedanken uns, dass sich die Feuerwehrmenschen sich nicht von der Polizei für diese fragwürdige Räumung vor den Karren hat spannen lassen“ 
Gegen 14:00 traf das Sondereinsatzkommando (SEK) am „Putzi“ Gelände ein, um die Räumung durchzuführen.  Während der gesamten Zeit fanden sich Menschen auf der Königsbrücker- und der Katharienstraße ein, um gegen die Räumung zu demonstrieren. Dieser Protest wurde von der Polizei teilweise gewaltsam unterbunden. 
 
Lann Schmidt hierzu: „Die Polizei kündigte gestern an ’nicht mit Kanonen auf Spatzen‘ schießen zu wollen, also deeskalierend agieren zu wollen. Nun haben sie SEK benutzt, um eine friedliche Besetzung zu räumen, mehrere Menschen verletzt und die Arbeit der Presse und von Anwält*inne massiv behindert. Konfrontativer hätte man diese Situation kaum lösen können.“ 
 
Wir besetzen Dresden kritisiert das unverhältnismäßige Vorgehen der Polizei an diesem Tag scharf. 
Gegen 16.30 Uhr war das Gelände komplett geräumt. Die Häuser und das Gelände wurden von einer Baufirma wieder verschlossen. Sechs Personen wurden daraufhin in die Gefangenensammelstelle gebracht. Zwei von ihnen befinden sich weiterhin dort. 
 
Lann Schmidt kommentier dies folgendermaßen: „Wir finden es bezeichnent, mit welchen Repressionen Menschen überzogen werden, die nichts anderes tun, als leerstehenden Raum zu nutzen. Das Bedürfniss der Menschen nach Wohnraum und Freiraum sowie das Engagement solchen zu schaffen spielt offenbar keine Rolle, wenn es gilt, die kapitalistische Eigentumsordnung zu schützen.“ 
 
Die Gruppe „Wir besetzen Dresden“ erklärt, dass man nicht aufhören werde, den Leerstand in der Stadt zu problematisieren und für ein Recht auf Stadt für alle Menschen zu streiten.
 
Lann Schmidt abschließend: „Putzi ist mehr als ein Gelände mit drei Häusern. Putzi ist viele Ideen und viele Menschen mit Träumen, die daran mitgearbeitet haben diese wahr werden zu lassen. Ideen und Träume kann man nicht räumen.“
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RÄUMUNG VERHINDERN JETZT, 3.PM

Pressemitteilung 22.01.2020, 8 Uhr

Beginn der Räumung des besetzten Hauses
Königsbrücker Straße 12-16, 01099 Dresden

Seit ein paar Minuten werden die Straßen rund um das besetzte Haus
abgesperrt. Die Räumung steht unmittelbar bevor. Wir bitten um
Berichterstattung und Unterstützung!
Das Haus und das Gelände wurde über die letzten Tage mit Leben gefüllt
und es wurde unglaublich viel getan, um das Gelände für alle zu einem
schönen Ort zu machen. Politische Auseinandersetzungen konnten an diesem Ort und rund um die Besetzung ebenso stattfinden wie Spaß, ausruhen, entspannen und Feiern. Menschen konnten sich begegnen und die Möglichkeit einer anderen, solidarischeren Gesellschaft in manchen
Momenten erahnen lassen.

Ab 8:15 Uhr findet eine angemeldete Kundgebung statt.
Wir werden nicht freiwillig gehen!
Kommt jetzt zur Königsbrücker Straße und verhindern wir gemeinsam die
Räumung!
Sie halten diese Räumung vielleicht für legal – legitim ist sie auf
keinen Fall!

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Partyatmosphäre und Drogenkonsum

Statement Drogenkonsum (v.a. Alkoholkonsum)

Die Party in „Party bis zum Nutzungskonzept“ wurde bisher sehr ernst genommen. Fast jeden Abend wurde auf dem Gelände gefeiert und es gab Musik. Dabei haben viele Menschen Alkohol getrunken oder andere Drogen genommen. Aus diesen Partys – die auch sehr schön und wichtig waren – und dem Verhalten vor allem (stark) betrunkener Menschen, haben sich leider Situationen und eine allgemeine Atmosphäre entwickelt, die zum einen für einige Menschen sehr unangenehm war/ist und zum anderen (auch dadurch) nicht zu unseren politischen Zielen und Strategien passt. Uns ist bewusst, dass wir diese Stimmung und diesen Konsum selbst mit hervorgebracht und unterstützt haben. Mit diesem Statement möchten wir Auseinandersetzungen und eine gemeinsame Reflexion anregen.
Auch wenn es sich manchmal vielleicht eher nach Party anfühlt und es sehr schön ist, dass Menschen sich beim Putzi entspannen können (so soll das ja auch sein) – wir befinden uns dort vor Ort eigentlich die ganze Zeit in einer politischen Aktion, die leider auch von Repression bedroht ist. Also z.B. dadurch, dass die Polizei Kontrollen durchführen und Menschen verletzen oder festnehmen könnte. Dieser Drohung allein müssen wir uns natürlich nicht unterwerfen sondern können uns dieser Einschüchterung gemeinsam widersetzen. Das geht allerdings viel besser, wenn Menschen nicht betrunken sind. Alkoholkonsum gefährdet sowohl die Person, die konsumiert, als auch alle anderen. Die Rote Hilfe schreibt in der (sehr empfehlenswerten) Brochüre „Was tun wenn’s brennt?“ zu Drogen- und Alkoholkonsum auf Demos oder bei anderen Aktionsformen:
„Drogen jeglicher Art, auch Alkohol, sollten weder vorher konsumiert noch auf die Demo mitgenommen werden. Schließlich musst du einen klaren Kopf bewahren und jederzeit in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen.“
Klar, auch Party kann politisch sein und sowieso – wenn wir nicht tanzen können, ist das auch nicht unsere Revolution. Trotzdem fänden wir es schön, wenn die Gründe, aus denen wir dort sind – Eigentum in Frage stellen, Enteignung und Umverteilung fordern und umsetzen, Leerstand beenden, Freiräume schaffen, solidarisch miteinander leben – wieder mehr in den Fordergrund rücken würden. Dafür wollen wir vor allem in unseren Tweets, Texten, Interviews, Redebeiträgen, Bannern und allgemein in der Außenwirkung und Planung mehr darauf zu achten, welchen Fokus wir setzen und ob nicht irgendwann auch ausreichend über Party getweetet wurde und ob es am wichtigsten ist, dass das Abendprogramm zum Tanzen steht.
Eine Möglichkeit auf dem Gelände wäre z.B. Workshops anzubieten und Fähigkeiten weiterzugeben und miteinander zu teilen. Natürlich ist an den letzten Tagen auch schon ganz viel anderes passiert und Alkohol trinken und feiern ist ja nur ein kleiner Bestandteil von dem, was auf dem Gelände und drumherum an den letzten Tagen gemacht wurde.

Neben den genannten Gründen in Bezug auf politische Aktionen gibt es weitere Gründe, aus denen Alokoholtrinken – und dann möglicherweise auch betrunken sein – ein Problem sein kann. Alkohol wirkt enthemmend, Menschen machen dann oft Dinge, die sie eigentlich gar nicht tun würden und vielleicht auch nicht gut finden. Die Grenzen anderer Menschen zu erkennen und zu wahren wird oft schwieriger. Das führt dazu, dass sehr unangenehme bis übergriffige Situationen entstehen können. Es gibt Menschen, die sich in der Nähe von anderen Menschen, die Alkohol trinken, nicht wohl fühlen. Und Orte, an denen das viel passiert, meiden. Alkohol- und Drogenkonsum kann außerdem belastend auch für Menschen sein, die abhängig von Alkohol- oder anderen Drogen waren. Durch diese Erfahrung kann es schwierig sein, sich an Orten aufzuhalten, die sehr stark durch diesen Konsum geprägt sind.
Teil politischer Aktionen ist auch, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Das Putzi sollte ein Ort für alle sein, an dem Auseinandersetzungen (wie diese) stattfinden können und der nicht durch Party und Alkohol grenzüberschreitende Situationen erzeugt und Menschen ausschließt. Wir sprechen uns gegen einen Ausschluss von Alkohol und anderen Drogen und damit von Menschen, die diese – aus welchen Gründen auch immer – verwenden, aus. Denn am Ende brauchen halt nicht vor allem unsere Träume Räume…

Um auf dem Gelände mit der Situation umzugehen, dass manche Menschen Alkohol trinken und andere sich damit nicht wohlfühlen bzw. Abstand davon wollen/brauchen, haben wir folgende Vorschläge:
– Umstrukturierung des Geländes (Bereiche für Alkohol- und Drogenkonsum und Bereiche ohne – sogenannte No Drug Spaces, mehrere Feuerplätze, Einrichtung eines Rückzugsraums)
– bitte seid rücksichtsvoll miteinander, übernehmt Verantwortung für euch selbst und andere, sprecht euch nach möglicherweise unangenehmen Situationen an
– allgemeine Auseinandersetzung mit Alkoholkonsum und mit (auch davon unabhängigem) grenzüberschreitendem Verhalten

Wir hoffen, dass durch die verschiedenen Vorschläge und die Auseinandersetzung mit dem Thema aus dem Putzi ein noch angenehmerer und zugänglicherer Ort – an dem wir verschiedenen Bedürfnissen mit Rücksicht begegnen können.

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Putzi und das Putzitier

„Ab 1957 […] neue Marken, wie die Kinderzahncreme Putzi, kamen hinzu.“
– schreiben Chlorodont in Bezug auf die Unternehmensgeschichte der Leowerke, die 1990 in die noch heute bestehende DENTAL-Kosmetik GmbH & Co. KG umgewandelt und 1992 von der ARGENTA Internationale Anlagegesellschaft GmbH München gekauft wurde.

„Putzi“ ist also kein Produkt aus der NS-Zeit, aber Produkt einer faschistisch mindestens kooperierenden Firma. Wir finden es daher fraglich, ob auf diese Firme auf positive Art und Weise Bezug genommen werden sollte, wie es z.B. durch Verwendung eines von ihnen gewählten Namens passieren könnte.
Das ist natürlich ein Problem, das sich nicht nur für den Namen „Putzi“ stellt. Die meisten anderen Markennamen verweisen ebenso auf Unternehmen, die – wenn auch möglicherweise nicht in der NS-Zeit – in Ausbeutungsverhältnisse verstrickt sind.

Wir diskutieren deswegen, wie wir damit umgehen möchten, dass wir den Namen „Putzi“ bis jetzt verwendet haben und welche Alternativen sich dazu bieten.
In jedem Fall verzichten wir ab jetzt auf die Nutzung des „Putzi“-Logos, des „Putzi“-Tieres und anderen Bezügen auf den Markennamen.
Eure Kommentare und Ideen sind uns wichtig – schreibt uns!
Gerne auch mit konkreten Namensvorschlägen
wirbesetzendresden@riseup.net

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